Er gilt als eines der am meisten unterschätzten Mittelklassefahrzeuge, und damit auch als Geheimtipp. Zu Recht? Der Test bringt überraschende Erkenntnisse.
Der Portier des Hotel Kulm in Sankt Moritz muss zweimal hinschauen. Was er da eben aus der Tiefgarage geholt hat, ist keines der gewohnten Exemplare edler deutscher, italienischer oder britischer Bauart. Eine Limousine zwar, aber ein Skoda. «Die elegante Optik ist beeindruckend, das Interieur erinnert an Luxuslimousinen», sagt er und schaut dem Superb noch eine Weile nach. Da haben beide etwas gemeinsam: Gepflegtes Understatement.
Ist bereits der kompakte Skoda Octavia ein Muster an Raumausnützung, geht die Schaffung von Kopf-, Schulter- und Beinfreiheit beim grösseren Superb noch einen deutlichen Schritt weiter. Auf allen Plätzen dürfen sich selbst Grossgewachsene wohlfühlen. Die Alcantara-Bezüge gehören zum gehobenen Skoda-Standard, der extensiv angewendete schwarze Klavierlack leider ebenfalls. Sie bleiben in ihrer Flächigkeit und Pflegebedürftigkeit im Auto unpassend, der Superb ist ja kein Steinway. Tadellos ist die Ergonomie, die trotz grosszügiger Platzverhältnisse dem Fahrer alle Bedienelemente in Griffweite anbietet. Der Gepäckraum ist mit 660 bis 1950 Liter grösser als bei so manchem Kombi, und dank der Hatchback-Anordnung der Heckklappe ist er auch bequem zu beladen.
Für ein Fahrzeug mit einer Länge von 4,86 Metern bietet die Abstimmung deutlich mehr als erwartet. Sowohl im gemächlichen Reisetempo als auch bei sportlicher Fahrt über den Alpenpass gibt sich der Skoda Superb souverän. Speziell in der Voreinstellung «Sport» ist das Fahrwerk ausgewogen und neutral, die Lenkung trägt mit ihrer hohen Präzision und gutem Fahrbahn-Feedback zum positiven Eindruck bei.
Nominell sind von einem Vierzylinder-Benziner mit zwei Litern Hubraum in einer Limousine mit 1,5 Tonnen Leergewicht keine Wunderdinge zu erwarten. Tatsächlich aber sind die 280 PS, die der TSI zu leisten imstande ist, durchaus erlebbar. Erstaunlich, wie viel Schub der Wagen schon unterhalb von 2000 Umdrehungen pro Minute entwickelt. Zu der hohen Elastizität passt das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe, das rasch zwischen den Gängen wechselt, jedoch einen siebenten Gang nie vermissen lässt.
Zugegeben, die Testzeit absolvierte der Skoda Superb überwiegend im Sport-Modus. Aus dieser Perspektive sind die verbrauchten 9,9 Liter je 100 Kilometer erklärbar. Befragt man den deutschen Spritmonitor, sind für den 280 PS starken Superb mit DSG und Allradantrieb weniger als 9,2 Liter auch nicht realistisch. Somit ist der Testwert durchaus repräsentativ und für ein Fahrzeug dieser Güte und Leistungsklasse auch vertretbar.
Es wird dabei bleiben: Der Skoda Superb wird im Bereich der Mittelklasse-Limousinen der Underdog bleiben. Das Prestige eines Audi, BMW, Mercedes oder Jaguar wird die tschechische VW-Tochtermarke vorerst nicht erreichen, die Produktqualität des Superb mag in gewissen Bereichen jedoch höher sein als bei den Premiumherstellern. Er bleibt also ein Geheimtipp, und mit einem Preis von weniger als 50 000 Franken ist das Angebot schon fast unglaubwürdig günstig. Also bitte (nicht) weitersagen.