Skoda Octavia Combi gegen VW Golf Variant im Test
2 Allrad-Kombi mit 2.0 TDI aus dem VW-Konzern

Nirgends kommen sich Octavia und Golf so nahe wie in ihren geräumigen Kombi-Versionen. Ob es sich lohnt, den teureren Deutschen zu nehmen, klärt der Test der beiden frisch gelifteten Bestseller als Skoda Octavia 2.0 TDI 4x4 und VW Golf Variant 2.0 TDI 4Motion mit jeweils 150 PS.

Skoda Octavia Combi 2.0 TDI 4x4, VW Golf Variant 2.0 TDI 4Motion, Frontansicht
Foto: Achim Hartmann

Bisher haben Skodas Produktplaner vieles richtig gemacht: Für günstigere Preise verzichteten sie bei ihren VW-Ablegern einfach auf das letzte bisschen Verarbeitungsfinesse und Optionsvielfalt, um ihren Modellen lieber mehr Platz zu spendieren. Als Fließheck-Limousine mit Riesenkofferraum schielt der Octavia daher schon vorsichtig Richtung Passat & Co., während der Golf seiner Klasse treu bleibt. Die Kombis halten sich dagegen beide an das gängige Konzept.

Na, dann schauen wir doch genau hin und registrieren zunächst den um sechs Zentimeter längeren Radstand des Skoda Octavia Combi im Test, woraus sich unter anderem 120 Liter mehr Maximalladeraum ergeben. Auch das Platzangebot im Fond profitiert vom Längenwachstum: Wo Mitfahrern im VW Golf Variant ein ausreichend großer, wenngleich nicht üppiger Entfaltungsraum zur Verfügung steht, sitzen sie im Octavia spürbar luftiger. In Zahlen ausgedrückt sind das 40 Millimeter mehr Kniefreiheit – ideal, um auf langen Strecken immer wieder mal die Sitzposition zu variieren.

Skoda Octavia mit kleinen Alltagshelfern

Traditionell bietet Skoda nicht nur mehr Platz, sondern auch mehr Ideen pro Zentimeter. Und die zählen wir gern in jedem Test auf, weil sie zeigen, wie leicht und recht preiswert sich Autos verbessern lassen, wenn sich ihre Entwickler nur genug Gedanken machen: über Dinge wie die Kofferraumbeleuchtung, die sich als LED-Taschenlampe entnehmen lässt, den Parkschein-Clip an der Scheibe, der die Sicht nicht verdeckt, da er transparent ist, oder die Hängematte unter dem Gepäckrollo, in der sich nasse Kleidung malheurfrei transportieren lässt.

Skoda Octavia Combi 2.0 TDI 4x4, Fondsitze
Achim Hartmann
745 Millimeter misst der hintere Normsitzraum im Skoda. Damit liegt der Octavia Combi ziemlich genau zwischen dem Golf Variant (705 mm) und Passat (800 mm)

In die Variabilität der Fond-Möblierung floss hingegen bei beiden Modellen gleich viel Cleverness: Mit einem Griff vom Kofferraum aus entriegelt sich die im Verhältnis 40 : 60 umklappbare Rücklehne, worauf sie von einem Federmechanismus angespornt nach vorn schnappt. In beiden Fällen ergibt sich so ein stufenfreier, nur leicht ansteigender Kofferraumboden. Durch das Hochklappen einzelner Ladebodensegmente lässt sich das Gepäckabteil unterteilen, um kleineres Transportgut am Verrutschen zu hindern.

VW Golf Variant bietet mehr Ausstattungsoptionen

Beim Qualitätsgefühl hat hingegen der VW Golf Variant 2.0 TDI 4Motion im Test die Nase vorn: Statt rauem Filz kommt in seinem Kofferraum weicherer Teppich zum Einsatz, sein Handschuhfach ist innen samtartig beflockt, während die Motorhaube von einem Lift gehalten wird und nicht wie beim Octavia von einer fummeligen Klemmstange. Doch auch im nicht ganz so schmucken Skoda fühlt sich alles solide an, der Hartplastik-Look früherer Modelle ist passé. Dafür muss der Skoda bei der Optionsauswahl kürzertreten: Eine Massagefunktion für die Sitze gibt es ebenso wenig wie TFT-Instrumente oder den Fernlichtassistenten mit Gegenverkehr-Maskierung.

Dies dürfte den Preisunterschied von rund 1.600 Euro jedoch nicht für sehr viele Käufer rechtfertigen. Als Highline mit Allradantrieb und dem 150-PS-Diesel kostet der VW Golf Variant 32.550 Euro, während ein ähnlich ausgestatteter Octavia Style für 30.950 Euro zu haben ist. „Vergleichbar“ heißt jedoch nicht „gleich“, bei der Serienausstattung setzen die beiden unterschiedliche Akzente: Während der Golf mit LED-Scheinwerfern, größeren Rädern und Sitzheizung vorn auffährt, übertrumpft ihn der Skoda beim Infotainment (u.a. mit DAB-Tuner, Radio Bolero samt SmartLink-Schnittstelle für Handy-Navigation).

Octavia holt beim Komfort auf

Dann mal sehen, ob sich wenigstens beim Fahren größere Unterschiede zwischen den Diesel-Kombis ergeben. In früheren Tests fiel der Octavia im Vergleich zum Golf immer wieder mit seiner straffen Federung auf, weshalb der Komfort oft erst unter Beladung so richtig passte. Um es vorwegzunehmen: Auch dieser Unterschied ist Geschichte, und zwar aus einem einfachen Grund. Seit seinem Facelift, das an den vier kantigen Frontscheinwerfern zu erkennen ist, lässt sich Skodas wichtigstes Modell mit Adaptivdämpfern ausrüsten (920 Euro). In Komfort-Position spricht das Fahrwerk bereits unbeladen feinfühlig an, aus dem knochigen Pragmatiker ist damit endgültig ein komfortabler Langstreckengleiter geworden. So wie der VW Golf Variant, für den es schon vor seinem Facelift Adaptivdämpfer gab.

Skoda Octavia Combi 2.0 TDI 4x4, VW Golf Variant 2.0 TDI 4Motion, Frontansicht
Achim Hartmann
Bei Komfort und Fahrdynamik unterscheiden sich Golf und Octavia mittlerweile nur noch in Nuancen. Beide fahren auf hohem Niveau.

Wir würden jetzt gern über sonstige Unterschiede beim Fahrverhalten berichten, über abweichende Lenkungskennlinien philosophieren und Erfahrungen aus dem Grenzbereich zwischen Haft- und Gleitreibung wiedergeben. Doch auch nach Rücksprache mit sämtlichen Test-Kollegen, die beide Kandidaten über Landstraßen und Pylonenparcours scheuchten, fällt das Fazit einhellig aus: Beide fahren sich praktisch gleich. Wobei „gleich“ in diesem Fall „gleich gut“ heißt.

Sowohl VW Golf Variant 2.0 TDI 4Motion als auch Skoda Octavia 2.0 TDI 4x4 begeistern mit ihrer neutralen Abstimmung, lassen sich selbst von durchschnittlichen Fahrern schnell und sicher bewegen. Ihre TDI mit 150 PS stemmen sich hier wie da wuchtig aus dem Drehzahlkeller, beschleunigen die 1,6-Tonner in nur 8,6 Sekunden auf Tempo 100 und legen selbst jenseits der Autobahn-Richtgeschwindigkeit kraftvoll zu. Beruhigend zu wissen, dass im Fall der Fälle großzügig dimensionierte Bremsen zupacken: Aus Tempo 130 stehen die Kombis selbst bei heißen Stoppern innerhalb von rund 60 Metern.

Hohe Sicherheitsreserven

In engen Kehren hilft das Heck schon mal per Ausfallschritt ums Eck, bevor es vom fein regelnden ESP zurück in die Spur geholt wird. Von der Arbeit des Allradantriebs ist hingegen herzlich wenig zu spüren. Je nach Traktionsbedarf teilt eine elektronisch geregelte Lamellenkupplung die Motorkraft zwischen den Achsen auf, während zwischen rechts und links per Bremseingriff geregelt wird. Unter normalen Straßenbedingungen fahren 4Motion und 4x4 daher als zackige Fronttriebler mit hohen Sicherheitsreserven – und geringem Verbrauch: 7,2 l/100 km sind angesichts der Fahrleistungen und der Transportkapazitäten tolle Werte.

Skoda Octavia Combi 2.0 TDI 4x4, VW Golf Variant 2.0 TDI 4Motion, Heckansicht
Achim Hartmann
Selbst wenn dunkle Wolken aufziehen: Die beiden Allrad-Kombis hält so schnell nichts auf.

Auch wenn derzeit Hochsitzen angesagt ist, machen Octavia und Golf mal wieder Werbung für ihr Karosseriekonzept: Mit niedrigerem Schwerpunkt und geringerem Luftwiderstand, aber hohem Platzangebot reduzieren Kompaktkombis die Vorteile vieler SUV aufs höhere Sitzen. Dass der Skoda mit einem zackigen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe statt Sechsgang-Handschaltung zum Test erschien, bringt ihm keine Pluspunkte. Was er sich in der Getriebewertung hinzuholt, bekommt er am Ende über den Grundpreis wieder abgezogen, weshalb es bis zum Schluss ein enges Rennen bleibt. Dieses entscheidet der Octavia knapp für sich, da er im Rahmen des Facelifts stärker an seinen Schwächen gearbeitet hat als der Golf. Die Produktplaner bei Skoda haben also mal wieder vieles richtig gemacht. Ihre Kollegen aus Wolfsburg dürften sie jedoch ins Schwitzen bringen.

Guldes Connectivity-Check: Columbus und Discover Pro

Mit einem Connectivity-Check gleich zwei Autos abdecken: Die Infotainment-Systeme in Golf und Octavia unterscheiden sich hauptsächlich durch die Namen – und die Preise. Mit die auffälligste Änderung am facegelifteten Golf betrifft das große Infotainment-System Discover Pro, das jetzt in zweiter Generation angeboten wird. Sein 9,2 Zoll großer, fein auflösender und kontrastreicher Monitor wirkt nicht nur moderner, der kapazitive Touchscreen reagiert auch sehr sensibel auf Berührungen.

VW Golf Navi
Volkswagen
Auch die Lautstärke wird über Touch-Felder geregelt. Das lenkt zu sehr ab.

Darüber hinaus lässt sich das Hauptmenü nach eigenem Geschmack konfigurieren: Wer mag, kann sich neben dem Karten-Fenster noch Bedienbereiche für Radio und Telefon einrichten. Die Ausstattung mit empfangsstarken Tunern, DVD-Laufwerk, Festplatte für eigene Musik und guter Sprachsteuerung lässt kaum Wünsche offen, die Bedienung hingegen schon: So wird ein Lautstärke-Drehknopf, der sich blind ertasten lässt, am meisten vermisst, auch Menüstruktur und Benennung von Unterfunktionen („Carnet“, „App-Connect“, „Medien“, „Media Control“ etc.) gerieten nicht komplett intuitiv.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Online- Anbindung, für die der Fahrer sein Handy als Datenmodem anschließen muss. Oder er kauft zur 2.385 Euro teuren Navigation noch die Telefonschnittstelle für weitere 490 Euro hinzu. Ohne Zusatzgerätschaften kommen selbst die wichtigen Verkehrsdaten noch über den veralteten TMC-Dienst. Im Octavia heißt das Discover Pro traditionell Columbus und kostet 1.890 Euro. Wer Handy-unabhängige Web-Dienste möchte, nimmt es am besten im Businesspaket mit Telefonschnittstelle für 1.950 Euro. Die umfangreiche Connectivity-Ausstattung führt zu vielen Punkten. Die Geräte sind jedoch vergleichsweise teuer.

Fazit

1. Skoda Octavia Combi 2.0 TDI 4x4
456 von 1000 Punkte

Geräumig, pragmatisch und solide war der Skoda Octavia Combi schon immer. Jetzt federt er auch sehr komfortabel, lockt mit neuestem Infotainment und bleibt dennoch günstiger.

2. VW Golf Variant 2.0 TDI 4Motion
452 von 1000 Punkte

Der edlere, aber teurere Golf überzeugt nach wie vor mit hohem Komfort und problemlosen Fahreigenschaften. Ungewohnt: Der Octavia kann inzwischen fast alles genauso gut.

Technische Daten
Skoda Octavia Combi 2.0 TDI 4x4 StyleVW Golf Variant 2.0 TDI 4Motion Highline
Grundpreis33.350 €33.275 €
Außenmaße4667 x 1814 x 1463 mm4567 x 1799 x 1515 mm
Kofferraumvolumen610 bis 1740 l605 bis 1620 l
Hubraum / Motor1968 cm³ / 4-Zylinder1968 cm³ / 4-Zylinder
Leistung110 kW / 150 PS bei 3500 U/min110 kW / 150 PS bei 3500 U/min
Höchstgeschwindigkeit210 km/h214 km/h
0-100 km/h8,6 s8,6 s
Verbrauch4,9 l/100 km5,0 l/100 km
Testverbrauch7,2 l/100 km7,2 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten